Seit 1500 Jahren kennt man in Japan die Bento-Box. Sie diente ursprünglich einem recht praktischen Zweck – dem hygienischen Verpacken einer Mahlzeit zu einer Zeit, als Zeitungspapier zum Einwickeln noch unbekannt war. Das Bento – ein Begriff, der synonym zu Bento-Box gebraucht wird – kann ein Wegwerfartikel, aber auch echte Kunst sein. In einer Zeit, in der wir über die Vermeidung von Verpackungsmüll nachdenken, rückt Bento auch bei uns verstärkt in den Fokus.
Auf dem Feld und in der Schlacht
Die Bergleute im Ruhrgebiet waren mit der Erfindung des Henkelmanns spät dran. Der Behälter, mit dem eine Mittagsmahlzeit zum Arbeitsplatz mitgenommen wurde, ist nichts anderes als die deutsche Version der Bento-Box. Im Süddeutschen nennt man den Henkelmann übrigens auch Menagereindl, was auf eine Einteilung für mehrere Bestandteile einer Mahlzeit hinweist. Das ist das typische Merkmal der Bento-Box. Schon die frühen Bentos, die aus Bambus hergestellt waren, enthielten eine Facheinteilung, um Nudeln von Lachs, Reis von Tempura und Rindfleisch zu trennen. Das diente nicht nur dem besseren Geschmackserlebnis, sondern das Auge isst bekanntlich mit. Und da der „Arbeitsplatz“, zu dem das Bento mitgenommen wurde, nicht nur Feld und Jagd, sondern für Soldaten das Schlachtfeld war, ist eine stabile Trennung eine gute Idee. Gleichzeitig wirkte das Bambusholz noch antispetisch, also gegen Keime, und verlängerte damit die Haltbarkeit frischer Speisen.
Die aufgehende Sonne in der Box
Die Bambus-Bentos waren als Einweg-Verpackung konzipiert, nicht anders als eine heutige Styropor-Verpackung, nur besser recyclebar. Erst mit zunehmender Beliebtheit im 15. Jahrhundert entwickelten sich die Bentos zu einem Gesamtkunstwerk aus Verpackung und Inhalt. Die Holzboxen waren reich verziert, im Inneren um Reis als Hauptbestandteil fünf oder mehr Zutaten arrangiert. So ein Bento taugte auch für die traditionelle Teezeremonie oder die Theaterpause. Das zu Kriegszeiten beliebte Hinomaru bento enthielt eine eingelegte rote Pflaume auf dem Reis – patriotisches Abbild der japanischen Flagge mit der aufgehenden Sonne.
Heute ist die Esskultur rund um das Bento friedlicher geworden. Bentos werden entweder morgens zu Hause frisch zubereitet, oder man kauft sie unterwegs, zum Beispiel beim Bahnhofs-Bento an den Schnellfahrstrecken. Ein europäisches Missverständnis ist, dass Bento eine bestimmte Speise bezeichnet. Gemeint ist aber immer nur die typische Darreichungsform in der Box mit Fächern. Wie die Fächer gefüllt werden – Fleisch, Fisch, Gemüse, eingelegt oder gekocht, kalt oder warm – ist Geschmackssache. Bento-Box-Rezepte im klassischen Sinn gibt es daher nicht, stattdessen unzählige Ideen, welche Leckereien in den Bento-Boxen Platz finden können.
Viele dieser Behälter sind mittlerweile aus Material für die Mikrowelle, sodass zuvor gekühlte Gerichte in den Bento-Läden oder am Arbeitsplatz erhitzt werden können. Und bei uns? Die langweilige Butterbrotdose hat ausgedient – in der Bento-Box, die es klassisch rechteckig oder rund mit drehbarem Deckel gibt, können wir unseren Kindern etwas Abwechslung für die Pause bieten. Beim Picknick wird die Bento-Box zum perfekten Ersatz für die Etagere.
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